Revolution der Hühnereier
Sie können’s nicht länger ertragen,
sie fühlen sich sozusagen
entehrt, geschändet,
missbräuchlich verwendet.
Der erste ungeheuerliche Missbrauch
liege schon im täglichen Sprachgebrauch.
Was sie wirklich schrecklich aufrege,
sei, dass ein Huhn die Eier „lege“,
wo doch jedes einzelne Ei,
ob braun, ob weiss sei einerlei,
wie Menschen in diese Erde
hinein „geboren“ werde.
Viel schlimmer als diese linguistische Distorsion
seien aber Folter und systematische Exekution.
Da würden Menschen, es sei kaum zu glauben,
sie zweifach erstechen und dann roh aussaugen.
Oder sie mit der Bratpfanne erschlagen
und zusätzlich mit der Kelle plagen,
und dann noch, ohne es je zu bereuen,
Salz und Pfeffer ins Auge streuen
und schliesslich ein Stücklein Brot abbrechen
und ihnen damit das Auge ausstechen.
Oder als sadistischste Version, zu ihrem grossen Leiden,
sie fünf Minuten kochen und dann schamlos entkleiden.
Der Protest der Eier ist verständlich und klar:
„Es darf nicht mehr so sein wie es immer war“.
Was die Eier aber leider vergessen,
ist, dass wir sie aus reiner Liebe essen.
Peter Schmied Dezember 31st, 2019
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